100 Jahre Ebertschule

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Die Rede

Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter Schneider, sehr geehrter Herr Dr. Müllmann, sehr geehrte Frau Wardenbach, liebe Gäste aus Verwaltung und Politik, liebe ehemaligen Schulleiterinnen und Lehrerinnen, liebe Schulleitungskolleginnen und Schulleitungs-kollegen, liebe Kooperationspartner und nicht zuletzt liebe Kinder und liebe Eltern der Ebertschule!

Wir möchten Sie und euch heute ganz herzlich bei uns an der Ebertschule zum 100. Geburtstag unserer Schule willkommen heißen.

Im Hintergrund lief jetzt gerade das Lied „Eine wie keine“, dass unser Lehrer Herr Engels eigens für die 100 Jahrfeier geschrieben hat und das von nun an, textlich ein wenig abgewandelt, unser Schullied sein soll. Der Text des Liedes beschreibt, wie ich finde, sehr schön und präzise den Ist-Zustand und das Lebensgefühl an unserer Schule. Doch bevor ich zur Gegenwart komme und auch einen kleinen Blick in die Zukunft wage, möchte ich ein paar wichtige Daten unserer Schule und unseres Schulgebäudes aufzeigen.

Unsere Schule wurde 1922 eröffnet und nach dem ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik dem Sozialdemokraten Friedrich Ebert benannt. Nach Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde die Schule in „Adolf- Hitler-Schule“, drei Jahre danach zur „Horst-Wessel-Schule“. Unsere Ebertschule befand sich an einer Art „Tummelplatz“ nationalsozialistischer Propaganda. Die Ebertstraße und auch der Ebertplatz wurden immer zeitgleich mit der Schule umbenannt und erhielten zunächst die Bezeichnungen von Adolf Hitler und dann von Horst Wessel. Nach Beendigung des Krieges 1945 bekamen alle genannten Örtlichkeiten wieder ihre ursprünglichen Namen zurück. Zur Zeit des zweiten Weltkriegs hatte die Ebertschule auch noch andere Funktionen. 1941 und 1942 diente diese als Zwangsarbeiterlager der Zeche Friedrich Heinrich. Nach dem 21. November 1944, an dem es einen folgenschweren Bombenangriff auf Kamp-Lintfort gab diente unser Schulgebäude auch als Sammelstelle für die Verletzten dieses Bombenangriffs. Nachdem diese schrecklichen Jahre vorbei waren, wurde die Ebertschule wieder einzig als Schule genutzt. Lediglich der ein oder andere Verein fand in zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten Unterschlupf.

Das wichtigste Datum in der jüngeren Geschichte ist das Jahr 1989. In diesem Jahr wurde an unserer Schule die Integration d.h. das gemeinsame Lernen von behinderten und nichtbehinderten Kindern eingeführt. Frau Sartingen, die zu dieser Zeit Rektorin war, war eine der Hauptinitiatorinnen dieser ganz besonderen Veränderung. Die Initiative Integration Kamp-Lintfort e.V., bei der sie Mitglied war, vertrat ebenfalls die Einstellung, dass Menschen mit Behinderungen ein Teil unserer Gesellschaft sind und nicht außerhalb unserer Gesellschaft stehen dürfen. Diese Initiative war ein eingetragener Verein aus betroffenen Eltern, Lehrkräften und einigen Vertretern der kommunalen Politik Kamp-Lintforts. Weitere sehr wichtige Mitstreiter, die unbedingt erwähnt werden müssen, waren das Ehepaar Monika und Wolfgang Roth. In den ersten Jahren, in denen dieses Projekt Modellcharakter hatte, gab es in ganz NRW nur sechs dieser integrativen Modellschulen. So schreibt Frau Eichholz-Striet in ihrem Buch „Wir sind die Ebertschule“: „So begann im Jahr 1989 an der Ebertschule die Integration Wirklichkeit zu werden und unsere Schule begann, bunt und besonders zu werden. Das Motto: „Es ist normal anders zu sein“,   nahm langsam Gestalt an und prägte seither die besondere Wertehaltung unserer Schule und aller dort Beteiligten“. Dieses Buch, das kein Geschichtsbuch sondern ein Geschichtenbuch über und von Menschen ist, die seit Mitte der 80er Jahre hier an der Ebertschule gelehrt und gelernt haben, können sie gleich im Anschluss an unsere erste „Bühnen- und Begrüßungsphase“  käuflich erwerben.

Seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts kamen durch die Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften immer mehr Kinder verschiedener Herkunftsländer in unsere Schule. Heute leben und lernen an unserer Schule Kinder mit Wurzeln aus 27 Ländern friedlich zusammen. Momentan arbeiten wir auf Landesebene an einem Modellprojekt mit, dass aus unserer Sicht von großer Bedeutung ist. Es handelt sich um ein Projekt, dass die Mehrsprachigkeit von Kindern als Chance begreift und diese Mehrsprachigkeit für die Persönlichkeitsbildung der Kinder und ihre sprachliche Entwicklung nutzt. In diesem Zusammenhang kann ich Ihnen den Film der Klassen 2b und 4d empfehlen, der gleich halbstündig im Anbau zu meiner rechten laufen wird. Darüber hinaus streben wir im nächsten Schuljahr an, das Zertifikat „Schule gegen Rassismus“ zu erwerben. Dies ist uns Lehrer:innen, den Kindern und auch den Eltern ein großes Anliegen.

Zu diesen zwei ganz bedeutsamen „Integrationszweigen“ an unserer Schule passt auch ein weiterer Wunsch, den wir an die Verwaltung und die Kommunalpolitik der Stadt Kamp-Lintfort herantragen wollen. Unsere Schule möchte gerne ein „Familienzentrum“ werden. Ein Familienzentrum, nach den Vorbildern, die es an den Kindergärten schon gibt. Wir versprechen uns von einem solchen „Familien-zentrum“ eine ganze Menge Unterstützung. Unterstützung für unsere Kinder und Familien in der Altsiedlung und natürlich auch Unterstützung für unsere Arbeit. Familiengrundschulzentren schaffen Vertrauen, ermöglichen ein Begegnen auf Augenhöhe und stärken die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft von Schule und Eltern.

Momentan arbeiten wir aber an noch mehr Schulentwicklungs-projekten. So arbeiten wir an einem neuen Erziehungskonzept, dass wir mit Hilfe von Herrn Kucz von der Caritas erarbeiten und bald zum Abschluss bringen werden. Dieses Konzept wird uns nicht nur einheitliche Regeln und Verabredungen bringen, an die sich alle in der Schule im Vor- und Nachmittagsbereich halten sollen, egal ob groß oder klein. Dieses Konzept beinhaltet auch Programme zur Stärkung der Persönlichkeit von allen Kindern. Es werden durch diese Klassenprojekte und weitere sozialen Projekte sowohl das Selbstbewusstsein der Kinder gestärkt, als auch soziale Verhaltensmuster erarbeitet und eingeübt, die die Kinder dazu bringen Konflikte besser lösen oder im besten Fall gar nicht erst aufkommen zu lassen.

 

Dies sind nur einige Schulentwicklungsprojekte, die uns gerade beschäftigen oder uns in naher Zukunft beschäftigen werden. Sehr bedeutsam sind für uns aber auch die Digitalisierung und die baulichen Veränderungen, die für die nächsten Jahre anstehen. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Eltern bedanken, die dazu beigetragen haben, diesen Prozess zu beschleunigen. Wir freuen uns sehr auf die neuen Anbauten und die Sanierung der Schule und wir möchten den Zuständigen Mut machen, diesen Prozess sehr schnell anzugehen. Wie sie gehört haben, können wir bei unseren Vorhaben unseren Kindern gerecht zu werden und ihnen die besten Startmöglichkeiten zu geben, diesen Platz sehr dringend und sehr gut gebrauchen. Wie singt Herr Engels in seinem Lied: „Ebertschule du bist kein Schnuckel“. Wir sind voller Hoffnung, dass wir das bald anders sehen können.

Bevor ich meine Rede beende möchte ich mich noch bei allen Kooperationspartnern unserer Schule bedanken. Stellvertretend möchte ich an dieser Stelle den LTV, insbesondere Frau Plitt und das Team von Klartext für Kinder um Frau Welling nennen. Alle Kooperationspartner unterstützen und bereichern die Arbeit an unserer Schule und helfen mit, sie zu einem lebenswerten Ort für unsere Schülerinnen und Schüler werden zu lassen. Darüber hinaus auch ein großes Dankeschön, an all die, die in den letzten Jahrzehnten in der Schule für die Kinder der Altsiedlung da waren und hier gearbeitet und gewirkt haben. Dieser Dank umschließt die ehemaligen Schulleiterinnen (auch die kommissarischen)  Frau Finster, Frau Harnisch, Frau Hülswitt und Frau Sartingen, aber natürlich auch alle Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, sämtliche Integrationskräfte und Bufdis und natürlich auch die Küchenkräfte in der OGATA.

 

Schließen möchte ich mit dem Schlusswort des Buches von Frau Eichholz-Striet:

 

Liebe Ebertschule

Zum hundertsten Geburtstag wünschen wir,

dass du bleibst, wie du bist.

Entwickle dich weiter, so wie es jede Gesellschaft, auch jeder einzelne

Mensch,

in seinem Leben tut.

Aber bleibe vielfältig und bunt!

Und vergiss nie dein Motto,

das in seiner Aussagekraft und Schlichtheit so gut zu dir passt:

Es ist normal, anders zu sein!